Dichterkrone vs. Bürgerkrone: Vom aufklärerischen Mitleidsdiskurs zum höfischen Selbstmitleid in Goethes Tasso

Document Type

Article

Publication Date

Winter 1995

Abstract

Das Schauspiel Tasso erfreut sich seit langem eines stetigen Rezeptionsinteresses, welches seinerseits einer markantdramatischen Perspektivenvielfalt nicht entbehrt. Innerhalb der "Extrempositionen" wissenschaftlicher Interpretation, die Tasso entweder mit dem Pradikat des Martyrerdichters oder des Emotionalclowns bedenken, befinden sich freilich nuanciertere LektUren. Sie reichen von streng werkimmanenten ober historischsoziologische und feministische bis hin zu vorrangig literaturisthetisch ausgerichteten Studien, die bei aller Verschiedenheit dennoch eines verbindet: namlich die fehlende Problematisierung des aufklarerischen Mitleidsdiskurses, der sich im Tasso sowohl ein eigenartiges Echo verschafft als auch gravierende Modifikationen erfAihrt. Eben an dieser Stelle mbchte die folgende Studie ansetzen. Sie geht dabei von zwei Fragekomplexen aus: (1) Wie rezipiert Goethe den aufkldrerischen Mitleidsdiskurs eines Lessing, Mendelssohn und Nicolai? Auf welche Weise reaktualisiert er dabei den aus dem Neostoizismus bekannten Gegensatz zwischen weiblichem und mannlichem Mitleid? (2) In welchem Sinne veraindert Goethe den bisherigen Diskurs uiber das prireflexive und reflexive Mitleiden, und welcher Stellenwert ware demnach dem Goetheschen Schauspiel vor der Entwicklung jungerer Mitleidspoetiken zuzuordnen?

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